Dieses Wochenende findet in Pulsnitz der 12. Pfefferkuchenmarkt statt. Bei der kleinen Stadt Pulsnitz, östlich von Dresden gelegen, handelt es sich um nichts weniger als DIE Pfefferkuchenherstellungsstadt in Sachsen. Mit 8 verschiedenen Pfefferküchlereien und einer Pfefferkuchenfabrik mangelt es nicht an überaus leckerer Pfefferkuchenauswahl. Grund genug für uns und viele, viele andere Besucher einen Ausflug zum Markt und zum Pfefferkuchenmuseum zu unternehmen.
In Pulsnitz angekommen, offenbarte sich uns unerwarteter Weise mit jedem Schritt, dass diese Stadt noch deutlich mehr zu bieten hatte als die Pfefferkuchen. Nach einem kurzen Marktrundgang und einem längeren Anstehen in der Toilettenschlange kamen wir zum Pfefferkuchenmuseum. Ein Schild an der Eingangstür verkündete: “Besichtigung nur mit Führung, Führungen alle 30 Minuten”. Wir stellten uns neugierig in die bereits vorhandene Schlange und warteten bis zum Einlass, der uns laut Ankündigung in 15 Minuten gewährt werden sollte. Die Tür öffnete sich pünktlich, jedoch: leider zu früh gefreut. Die Türbewacherin teilte uns nämlich in bestimmtem Tonfall mit, dass jetzt nur für eine angemeldete Gruppe Platz wäre und wir daher draußen bleiben müssten. Wir könnten ja später wiederkommen und es erneut versuchen. Leichtes Stirnrunzeln bei uns und ein Verdacht: Konnte es denn sein, dass hier die Zeit stehen geblieben war, so ca. vor 25 Jahren? Wir beschlossen zunächst einen Stadtrundgang zu unternehmen, dabei Pfefferkuchen zu kaufen und unsere Hypothese zu testen.
Also auf zu einer Pfefferküchlerei – Groschkys Rietschelkuchen haben es uns besonders angetan, daher zuerst in die Rietschelstraße. Das Schlangestehen in einem finsteren, schmalen Gang steigert die Vorfreude und wird mit einer großen Auswahl an verschiedenen Pfefferkuchen im Verkaufsraum belohnt.
Mit 2 Beuteln bepackt, weiter vorbei am Schlosspark mit herrlicher spätherbstlicher Laubfärbung, die einen eigentümlichen Kontrast zu den grauen Häusern bildet. Je weiter wir gehen, um so mehr beginnen wir, uns zurückversetzt zu fühlen.
An einer Steinmauer finden wir Schaukästen, ja so etwas gibt es noch, mit Auslagen zum Angebot, stilecht mit Filzstift beschriftet.
Weiter auf dem Weg zurück zum Markt durch einen öffentlichen Hausdurchgang – und plötzlich ist die Illusion perfekt.
Auf der anderen Seite vor den Marktständen: Schlangestehen für Pfefferkuchen.
Auch wir erliegen dem Reiz des Anstehens – wer weiß, ob und wann es wieder Pfefferkuchen zu kaufen geben wird ;-).
Inzwischen ist es Nachmittag geworden und wir haben Hunger. Daher begeben wir uns auf die Suche nach einem Café.
Keine ganz leichte Aufgabe, aber schließlich finden wir eines – mit verlockender und vielfältiger Kuchenauswahl und nach etwas Warten auch einem freien Tisch. Wir bestellen, den Kuchen können wir gleich mit zum Tisch nehmen, Kaffee dauert noch, meint die Bedienung, die sich an der Kaffeemaschine zu schaffen macht. Etwas ratlos sieht sie dabei aus, auch die 2. und die 3. Bedienung, die hinzugerufen werden, können offenbar das Problem nicht lösen. Schließlich kommt unsere Tischverantwortliche zurück und teilt uns mit: “Kaffee ist gerade nicht, sie können nur schwarzen Tee haben.” Ihr nicht DDR-authentisches “Tut mir leid” geht schon in unserem etwas mühsam unterdrückten Lachen unter. Jetzt ist uns wirklich klar, dieser Ausflug hat uns nicht nur nach Pulsnitz zum Pfefferkuchenmarkt geführt, sondern auf eine kleine Zeitreise zurück in die Welt unserer Kindheit in der DDR.
Ob wir noch im Pfefferkuchenmuseum waren? Nein, auch beim zweiten Versuch wurde wieder nur eine angemeldete Gruppe hineingelassen, aber was solls. Wir haben uns köstlich amüsiert und zum Abschluss auch die Wende authentisch im Stil von 1990 vollzogen – als waschechte Ossi-Beutelgermanen, schon mit “Westwagen”, älteren Jahrgangs selbstverständlich, ausgestattet.
Noch ein kleines Schlusswort – die Pfefferkuchenstadt Pulsnitz mag in meinem Bericht durch unsere nostalgische Stimmung ein kleines bisschen schlecht wegkommen sein, sie hat jedoch viel Charme und die Pfefferkuchen sind oberlecker. Also schaut mal vorbei, wenn ihr in der Nähe seid und wer weiß, was euch in dieser Stadt ganz nebenbei begegnen wird.